Samtgemeinde Jesteburg

50 Jahre Samtgemeinde

- Die Geschichte der Samtgemeindegründung
Samtgemeinde Jesteburg

Mit der großen Verwaltungsreform 1972 verloren viele Gemeinden ihre Selbstständigkeit. Statt eigener Verwaltung und Bürgermeistern mussten sich traditionsreiche Gemeinden damit abfinden, dass ihre Gemeindegebiete aufgeteilt wurden und sich Ortsteile plötzlich unter der Verwaltungshoheit ehemaliger Nachbargemeinden wiederfanden. Auch rund um Jesteburg veränderte sich mit der Gebietsreform eine Menge und es entstand die Samtgemeinde Jesteburg. Die Samtgemeinde besteht aus den selbstständigen Mitgliedsgemeinden Bendestorf, Harmstorf und Jesteburg.

Landdrosterei / Regierungsbezirk Lüneburg 1905 (Quelle: Wikipedia)

Bereits im Königreich Hannover (1814-1866) wurden 1816 zur Verwaltung des Königreiches Mittelbehörden gebildet, die Provinzialregierung hießen. Mit dem “Edikt, die Bildung der künftigen Staatsverwaltung in dem Königreich Hannover betreffend” vom 12.10.1822 wird die Provinzialregierung Hannover aufgelöst und 1823 in drei Landdrosteien Lüneburg, Hildesheim und Hannover untergliedert. Jesteburg gehörte zur Landdrosterei Lüneburg, die am 18.04.1823 gebildet wurde. Auch nach der Annexion des Königreiches durch Preußen im Jahr 1866 und der damit verbundenen Umwandlung in die preußische Provinz Hannover blieben die Strukturen zunächst erhalten. Erst 1885 wurden die Landdrostereien in Regierungsbezirke umgewandelt. Zum Regierungsbezirk Lüneburg gehörte auch der Landkreis Harburg. 1900 bestand der Landkreis aus 88 Gemeinden. 2004 wurden der Regierungsbezirke in Niedersachsen abgeschafft.

Die Verwaltungs- und Gebietsreform 1972

Mitte der 1960er wurde immer deutlicher, dass kleine Gemeinden viele der immer umfangreicheren Aufgaben einer Gemeindeverwaltung nicht mehr selbstständig bewältigen konnten und Landkreise oder Zweckverbände diese übernehmen mussten. Nach wie vor waren die Bürgermeister ehrenamtlich tätig und mussten „nebenbei“ auch noch ihren Lebensunterhalt verdienen.

Um aus diesem „Dilemma“ herauszukommen wurde 1972 eine Gebiets- und Verwaltungsreform umgesetzt. Für eine bürgernahe und kompetente Verwaltung in den Gemeinden sollten kleine Gemeinden zu einer Verwaltungseinheit mit mindestens 7.000 Einwohnern zusammengelegt werden. Hauptamtliche Bürgermeister (Gemeindedirektoren) sollten als Verwaltungsfachleute eine professionelle Verwaltungstätigkeit sicherstellen. Viele kleine Gemeinden befürchteten, dass ihre Interessen und Bedürfnisse nicht mehr ausreichend Gehör finden würden.

Im Landkreis Harburg wurden mit dem Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden im Raum Harburg vom 23.06.1972 Gemeinden aufgelöst, Gemeindegrenzen verschoben und neue Gemeinden gebildet. Die Anzahl der Städte und Gemeinden wurde im Landkreis von 137 auf 49 reduziert. 43 davon wurden zu Samtgemeinden.

Zu Beginn wurde die Samtgemeinde von einem ehrenamtlichen Samtgemeindebürgermeister und einem hauptamtlichen Samtgemeindedirektor geführt. Beide wurden vom Samtgemeinderat gewählt. Mit der Kommunalreform 1996 wurde diese Regelung abgeschafft. Es entstand das hauptamtliche Amt “Samtgemeindebürgermeister“. Die Person wird direkt von den Bürgern gewählt. Ehrenamtliche Bürgermeister gibt es seitdem nur in den jeweiligen Mitgliedsgemeinden. Sie werden von den jeweiligen Gemeinderäten gewählt. Sie nehmen überwiegend repräsentative Aufgaben wahr und leiten als Ratsvorsitzende den Gemeinderat.

In der Samtgemeinde wurden die Ämter Samtgemeindedirektor, Samtgemeindebürgermeister und Samtgemeinderatsvorsitzender bisher von sieben Personen wahrgenommen:

Ehrenamtlich:

  • 1972-1980: Walter Meyer (Samtgemeindebürgermeister)
  • 1981-1997: Hans-Hinnerk Aldag (Samtgemeindebürgermeister)
  • seit 1998: Dr. Hans-Heinrich Aldag (Samtgemeinderatsvorsitzender)

Hauptberuflich:

  • 1972-10/1997: Peter Rieckmann (Samtgemeindedirektor)
  • 11/1997-10/2001: Dr. Annette Manger-Schaller (Samtgemeindebürgermeisterin)
  • 11/2001-10/2020: Hans-Heinrich Höper (Samtgemeindebürgermeister)
  • seit 04/2021: Claudia von Ascheraden (Samtgemeindebürgermeisterin)

Die Samtgemeinde Jesteburg hat kein eigenes Wappen. Sie bedient sich des Wappens der Mitgliedsgemeinde Jesteburg.

Die Veränderungen gingen nicht ohne Reibungen vonstatten. Ursprünglich war geplant, Jesteburg, Lüllau und Itzenbüttel mit Buchholz zu vereinen. Das stieß auf großen Widerstand und es wurden unterschiedliche Lösungen diskutiert.

Itzenbüttel kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Bereits 1229 wurde Itzenbüttel urkundlich erwähnt. Die Itzenbütteler traf die Entscheidung, dass ihre Gemeinde aufgelöst werden soll, hart. Eine „seit Ewigkeiten“ zusammenhängende Gemeinschaft von 661 Gemeindemitgliedern (Reindorf: 139 – Osterberg: 327 – Itzenbüttel: 195) sollte zerschlagen werden. Noch im Sommer/Winter 1971 setzten sich die Itzenbütteler und Reindorfer dafür ein, dass eine „Samtgemeinde Seevetal“ bestehend aus den bisher selbstständigen Gemeinden Bendestorf, Itzenbüttel, Jesteburg, und Lüllau mit Sitz in Jesteburg gegründet wird. Der damalige Gemeinderat begründete seine Forderung so:

Die Gemeinde Itzenbüttel hat … mit den Seevetal-Gemeinden Jesteburg, Lüllau, Bendestorf … einen gemeinsamen Landschafts- und Bebauungscharakter. In all diesen Gemeinden stehen die Landwirtschaft, das Wohnen und die Erholung im Vordergrund. Hierin unterscheiden sie sich grundsätzlich von dem ständig wachsenden Buchholz.

Mit dieser Argumentation konnte der Gemeinderat sich nicht durchsetzen. Stattdessen wurde die Gemeinde Itzenbüttel aufgelöst. Reindorf wurde Buchholz zugeschlagen, weil Reindorf weitgehend auf Buchholz ausgerichtet sei. Die verbleibenden Gebiete Itzenbüttel und Osterberg wurden Jesteburg zugeschlagen.

Übrigens, ist es Ihnen schon einmal aufgefallen? In Itzenbüttel haben alle Straßennamen den Zusatz „Itzenbütteler“. Damals hat man die Gelegenheit genutzt, dass alle Straßen postalisch zuordbar sein mussten. Aus Angst, der Name Itzenbüttel könnte nach der Eingemeindung langfristig in Vergessenheit geraten, wurde allen Straßenbezeichnungen der Zusatz „Itzenbütteler“ vorangestellt.

Itzenbüttel

Reindorf kann ebenfalls auf eine lange Geschichte zurückblicken. 1430 erstmals urkundlich erwähnt und war mindestens seit 1830 mit Itzenbüttel verwaltungstechnisch vernetzt. Geholfen haben alle Bemühungen, Reindorf und Itzenbüttel als eine Einheit zu bewahren, leider nicht. Mit der Auflösung der Gemeinde Itzenbüttel wurde Reindorf im Rahmen der Gebietsreform von Buchholz einverleibt.

Der Reindorfer Osterberg wurde erst kurz nach der Jahrhundertwende 1900 besiedelt. Die Nähe zu Buchholz und die 1874 eröffnete Bahnlinie machten dieses Gebiet für erste Ansiedlungen attraktiv. Einen eigenen „Ortskern“ gab es nicht und die meisten „Siedler“ errichteten sich hier nur Wochenendhäuschen.

Reindorf und Reidorfer Osterberg

Lüllau wurde bereits im 9. Jahrhundert namentlich erwähnt. In Dokumenten findet sich Lüllau (damals noch Liunlogo genannt) erstmals 1148 wieder. Thelstorf wurde erstmals 1300 und Wiedenhof 1497 in Dokumenten erwähnt.

Als eigenständige Gemeinde konnte Lüllau auf eine lange Tradition zurückblicken. Mit Thelstorf, Wiedenhof und Lüllau gab es drei Ortschaften, die bereits im 19. Jahrhundert über einen eigenen Gasthof, ein Geschäft mit Kolonialwaren, Handwerksbetriebe, eine eigene Poststelle, seit 1922 ein eigenes Kraftwerk für Licht und Strom und bis 1971 über Jahrhunderte sogar über einen eigenen Schulbetrieb verfügten.

In den ersten Planungen sollte das gesamte Gemeindegebiet Buchholz zugeschlagen werden, was jedoch auf erheblichen Protest in der Gemeinde stieß. Die Bemühungen des damaligen Bürgermeisters Walter Kröger mit Jesteburg und Sprötze eine Seevetal- oder Lohbergen-Gemeinde zu gründen, waren jedoch nicht von Erfolg gekrönt und Lüllau wurde der Gemeinde Jesteburg als ein weiterer Ortsteil zugeschlagen.

Lüllau, Wiedenhof und Thelstorf

Jesteburg profitierte von den Umstrukturierungen. Die Gemeinde blieb weiterhin selbstständig und konnte sich über einen erheblichen Zuwachs an Fläche und Einwohnern freuen. Als Dienstsitz der Samtgemeindeverwaltung wurde ebenfalls Jesteburg festgelegt. Im Verbund mit Bendestorf und Harmstorf war Jesteburg jetzt sowohl flächenmäßig als auch von den Einwohnerzahlen mit Abstand die größte Mitgliedsgemeinde.

Kritiker sehen in den unterschiedlichen Größen der Mitgliedsgemeinden einen Schwachpunkt des Konstruktes “Samtgemeinde”.

Schon 1972 stellte Jesteburg 4.550 (ca. 65%) der insgesamt 7.020 Einwohner der Samtgemeinde. Dieses Ungleichgewicht hat sich (Stand 31.12.2021) weiter zugespitzt: 7.923 Bürger (ca. 72%) aller Einwohner der Samtgemeinde leben in Jesteburg. Die Gemeinden Bendestorf (2.308 Bürger = ca. 21%) und Harmstorf (825 Bürger = ca. 7 %) haben es deshalb im Samtgemeinderat, dem politischen Gremium der Samtgemeinde, manchmal schwer, ihre Interessen ggü. den Interessen der Gemeinde Jesteburg durchzusetzen.

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