KOOPMANNSHUS

Koopmannshus

- Die Geschichte des Jesteburger Kaufhauses

Um 1800 gab es in Jesteburg noch keinen Verkaufsladen. Mit dem Ende der Försterei in Jesteburg erwarb 1850 Johann Friedrich Ludolf Clement das “Försters Hus” und gründete einen Bäckereibetrieb. Carl Ehrhorn gründete 1863 in der Lindenstraße seinen Verkaufsladen (Lage mit Stern gekennzeichnet), der später von H. Möhlmann und nachfolgend E.P. Kunhardt übernommen wurde. An gleicher Stelle entstand später das heutige Koopmannshus.

Zur Orientierung:

  • 1800: links (Fahrenkamp): Richtung Bendestorf – rechts-unten (Boken): Richtung Itzenbüttel
  • 1870: links-oben: Richtung Itzenbüttel – links-unten: Richtung Hanstedt
Jesteburg - 1892 - Lageplan mit Grundstückseigentumsdarstellungen

Zur Orientierung:

  • 1892: links: Richtung Bendestorf – rechts-unten: Richtung Itzenbüttel

In den Jahren zwischen 1870 und 1900 nahm die Bedeutung von Handwerk und Kleinhandel in Jesteburg zu. Unter anderem entstanden 1878 der Bierverlag und Spirituosenhandel G.H. Maack, die Gemischtwarenhandlung Dorothea Baden, die Schlachterei Wilhelm Soltau (1880) und 1885 eröffnete die “Actien-Meierei Hamburg” eine Filiale, die 1889 von Paul Froede übernommen wurde.

Nach dem Tod von E.P. Kunhardt heiratete Maria Kunhardt kurz vor der Jahrhundertwende Carl Friedrich Meyer aus Walsrode.

Carl Meyer beschloss, ein neues Kaufhaus zu bauen. Das neue Koopmannshus sollte zwischen den Grundstücken Schmidt und Wiechern (Wiechernhus) direkt an der Dorfstraße gelegen entstehen.

Am 17. April 1911 schrieb das Büro für Architektur und Bauausführung B.C. Schlote an Carl Friedrich Meyer, wie er vorzugehen habe, um das Wegerecht für eine notwendige Fläche zur Errichtung des Neubaus zu bekommen:

“Es ist auf jeden Fall nötig, dass Sie sich den neuen von der Gemeinde zu kaufenden alten Brunnenweg auf Ihren Namen zuschreiben lassen. Ferner ist es notwendig, dass Sie sich die Nordgrenze dieses Weges vom Katasteramt in Tostedt baldmöglichst anweisen lasse, damit der dann schleunigst zu errichtende Neubau nicht dadurch aufgehalten wird. Sie brauchen nur zu beantragen. dass Sie die Absteckung Ihrer neuen Nordgrenze wünschen und für die Kosten aufkommen, die Einwilligung Ihres Nachbarn Schmidt legen Sie bei. Ich halte die schleunige Erledigung dieser Sache im Interesse der schnellen Abwickelung Ihrer Bausache für absolut nötig. Im Uebrigen bestätige ich Ihnen dankend, dass Sie mich mit der Herstellung der nötigen Pläne für Ihren Neubau, nebst Bauvertrag. statischer Berechnung, Einreichung beim Landratsamt betraut haben, hierfür und für die Bauleitung erhalte ich 5% der endgültigen Bausumme.

Ich empfehle mich Ihnen und zeichne

Hochachtungsvoll SCHLOTE

Das Kaufhaus wurde 1914 nach den Plänen des Architekten Scholte unter Leitung der Firma W.H. Bahlburg aus Jesteburg umgesetzt.

Auch schon damals gab es Missverständnisse bei der Errichtung eines Neubaus. Hätte der Architekt Scholte nicht aufgepasst, wäre eine Tür nur mit einer Durchgangshöhe von 1,70 m eingebaut worden. Für Architekt Scholte war die Sache klar: der Tischlermeister Hagen hatte die Zeichnungen falsch gelesen, wollte seinen Fehler jedoch nicht einsehen, rempelte den Architekten in “ungehöriger Weise” an und brachte gar zum Ausdruck, dass “seinetwegen auch keiner hindurchgehen brauche”. Architekt Scholte beschwerte sich bei dem Bauherrn und meldete den Vorfall dem Bauunternehmer Bahlburg. Welche Konsequenzen der Bauherr aus diesem Vorfall zog, ist leider nicht bekannt. Die Tür wurde jedoch wohl im richtigen Maße eingebaut.

Ich möchte Ihnen zur Kenntniss bringen, dass der Tischler Hagen mich gestern in ganz unerhörter Weise angerempelt hat. Auf meine Erklärung, dass er als Tischlermeister doch wissen müsse, dass durch eine 1,70 m hohe Tür kein Mensch hindurch gehen könne, antwortete er mir, dass seinetwegen auch keiner hindruchgehen brauche. Auf solche Anremepelung sah ich mich genötigt die Werkstelle zu verlassen. Der Techniker Korräde war Gott sei Dank als Zeuge zugegen. Da ich mit H . garnichts zu tun habe, sondern nur mit Bahlburg, so habe ich dem alten Herrn gleich mitgeteilt, dass die Tür nicht abgenommen würde.

Wäre nun wirklich ein genaues Mass aus einer Zeichnung im Maassstabe 1:75 zu entnehmen, so hätte er die Tür mindestens 1,85 m hoch machen müssen, denn das könnte man aus der Zeichnung abstecken.

Wenn ich nicht zweimal bei dem Manne gewesen wäre, und ihn gefragt hätte, ob ihn etwas fehle und unklar sei, so könnte man vielleicht noch eine Entschuldigung für ein solch freches Verhalten finden, nicht wahr?

Mir ist solche Unverschämtheit noch nicht begegnet. Dies teile ich Ihnen nur zu Ihrer Orientierung mit.

Ich werde Ende der Woche, vielleicht Sonnabend wieder kommen.

Mir frdl. Gruss ihr SCHOLTE

1914 - Koopmannshus

Das Jesteburger Koopmannshus war weit über Jesteburgs Grenzen bekannt. Hier konnte man Manufactur-, Colonial-, Material- und Eisenwaren ebenso erwerben wie Porzellan und Steingut.  Außerdem betrieb C. Meyer einen “Groß- und Kleinhandel in Feld- und Gartensämereien” und war Vertreter der “Westholsteinischen Bank”, der “Vaterländische Feuer-Versicherungs-Actiengesellschaft (Elberfeld)” und “anderer sehr leistungsfähiger Firmen”.

Eigentlich sollte das kleine Gebäude neben dem Neubau abgerissen und durch einen Anbau in ähnlicher Gestaltung wie das Koopmannshus ersetzt werden. Weltwirtschaftskrise und Inflation verhinderten jedoch die geplante Erweiterung.

1934 verstarb der erfolgreiche Kaufmann Carl Meyer und die älteste Tochter Else Bartsch führte das Geschäft weiter.

Nach 1945 hatte Friedrich Wilhelm Reinke einen Teil der Verkaufsfläche im Koopmannshus (eigener Verkaufstresen) gemietet und verkaufte unter anderem Eisenwaren. Friedrich Wilhelm Reinke war gleichzeitig der Inhaber der Forellenzuchtanlage in Reindorf.

In der linken Hälfte des alten Gebäude rechts neben dem Koopmannshus betrieb Käte Stöckmann in den 1950ern ein Schreib-, Buch- und Spielzeuggeschäft.

Auf dem rechten Foto: links: unbekannt, mittig: Käte Stöckmann, rechts: Ute Bahlburg (geb. Röhrs)

1962 übernahm Rita Heinacher (geb. Elberling und Enkelin von Carl Friedrich Meyer) gemeinsam mit ihrem Ehemann Paul den Familienbesitz.

1955 - Postamt

Von 1952 bis 1999 wurde das Koopmannshus als Postamt genutzt. Auf der Aufnahme ist gut zu erkennen, dass der bisherige Eingang zum Kaufhaus zwischen den beiden großen Fenstern durch ein weiteres Fenster ersetzt und weiter links angeordnet wurde. Zu diesem Zweck wurde eines der beiden linken Fenster durch die neue Eingangstür ersetzt.

Seit der Schließung des Postamtes hat eine private Postagentur (unter Penny) die Aufgabe des Postamtes übernommen.

Ansichten

Das Koopmannshus im Laufe der Jahrzehnte:

1920/30er Jahre: links: Koopmannshus - rechts: Förstershus (Clements Bäckerei)
1924 - Koopmanshus
1956 - Umbau der Ortsdurchfahrt - links: Koopmannshus - rechts: Förstershus (Clements Bäckerei)
1962 - Koopmannshus - Postamt und der neue Anbau
1984 - Koopmannshus - Postamt

Hier ist zu sehen, dass die Post zwischenzeitlich auch die ehemalige Ladenfläche im Anbau übernommen hat.

2022 - Koopmannshus
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