Der Hexenstein

Grete Feindt - Die letzte verurteilte Hexe in Hamburg

- Unsinniges Geständnis auf der Folter

Von tragischem Charakter sind die Vorgänge, durch die der Runenstein von Jesteburg zu dem Namen „Hexenstein” kam. Ihr Schauplatz ist hauptsächlich Hamburg.

Nach 1550 wurde in Hamburg die Folter eingeführt, und von da an mehrten sich die Hexenprozesse, die früher nur vereinzelt vorgekommen waren. Man kann nicht ohne Entsetzen lesen, wie viele arme, unschuldige Menschen damals dort wie anderwärts dem Hexenwahn zum Opfer fielen.

Sein letztes Opfer war ein blutjunges, unschuldiges Mädchen, das bei dem Bürgermeister Berthold Moller dort im Jahre 1661 im Dienste stand. Das junge, hübsche Ding hieß Grete Feindt und war die Enkelin des Waldwächters zu Lohbergen.

Janssens handschriftliche Aufzeichnungen erzählen uns, dass die Frau Bürgermeisterin mit dem Mädchen in der ersten Zeit gar wohl zufrieden gewesen ist, doch sei die Grete oft kopfhängerisch gewesen und habe immer nach ihrer Heimat zurückverlangt, der Großvater sei aber mit der Heimkehr seiner Enkelin nicht einverstanden gewesen und habe deren Bleiben im Hause ihres Herrn befohlen. Das junge Mädchen sei dann immer seltsamer geworden, habe sich oft in sein Schlafkämmerlein eingeschlossen, und während der Nacht habe man es gar mitunter bei ihr rumoren hören und es sei gewesen, als ob sie mit jemand spräche, bis es plötzlich totenstill geworden sei. Da trug sich eine gar rätselhafte Begebenheit zu, die von den schrecklichsten Folgen begleitet war.

Der bereits über 50 Jahre alte Gerichtsdiener Peter Lukas Meineke, der bei dem Bürgermeister ein- und ausging, hielt um die schöne Grete Feindt an, erbot sich auch, dieselbe in aller Kürze zu ehelichen. Der Bürgermeister muß in dem Antrage des bejahrten Mannes, der doch eigentlich nicht zu dem sauberen jungen Mädchen passte, nichts Ungeeignetes erblickt haben und berichtete darüber an deren Großvater, den alten Forstwärter zu Lohbergen, ließ aber zugleich der Grete durch seine Frau von dem Heiratsantrag Mitteilung machen.

Während von dem Forstwächter ein höchst devotes Schreiben einlief, in dem der alte Mann für die hohe Ehre dankte und seine Einwilligung ohne weiteres gab, ging mit dem jungen Mädchen eine große Veränderung vor. Grete saß fortan, anstatt zu arbeiten, vor sich hinbrütend am Spinnrocken und Nähtische und weigerte sich heftig, dem Gerichtsdiener die Hand zum Ehebunde zu reichen. Ja, als dieser eines Tages zu ihr ins Zimmer trat und ihr persönlich seinen Antrag machte, floh sie auf die Galerie und sank dort wie leblos zusammen. Man musste sie ins Bett tragen, sie geriet in Phantasien, und in diesem Zustande rief sie nach einem „Gerhard”, der sein Pferd satteln und kommen sollte, sie zu holen und zu retten.

Als sie nach einigen Tagen wieder zu sich kam, wusste sie von all dem, was sie phantasiert hatte, nichts mehr, blieb von nun an aber wie in einem Traum befangen und starrte mit den großen, blauen Augen gedankenlos vor sich hin.

Mit dem alten, verliebten Gerichtsdiener Meineke ging’s aber noch ärger. Der grauköpfige Narr gebärdete sich wie ein Toller. Er erzählte aller Welt, die Grete habe es ihm angetan, sie müsse ihn behext haben, er könne ohne sie nicht leben, und er würde sich töten, wenn er das Mädchen nicht zur Frau bekäme. Da nun aber Grete in ihrem Starrsinn beharrte und durchaus nichts von der Liebe des alten Toren hören wollte, erhängte sich dieser wirklich und noch dazu in dem bürgermeisterlichen Hause im zweiten Stock auf der umlaufenden Galerie an der oberen Angel der Kammertür, hinter der das junge Mädchen schlief, das er mit seiner wahnsinnigen Liebe verfolgt hatte.

Der Fall machte erklärlicherweise ein ungeheures Aufsehen in der ehrsamen Hansestadt; es konnte hierbei unmöglich mit rechten Dingen zugegangen sein! Der Selbstmörder hatte all seinen Freunden, Verwandten und Bekannten unter Tränen und heiligen Beteuerungen versichert, das Mädchen müsse es ihm „angetan haben”, und eine geheime, unerklärliche Macht zwänge ihn, sich selber zu töten. Es war sonnenklar: Man hatte es hier mit einer Hexe, mit dem Teufel als Urheber und Beihelfer, zu tun.

Viel geringere Ursachen vermochten dazumal eine Weibsperson in den Verdacht zu bringen, dass sie eine Hexe sei, und wo der Verdacht erst gegen eine solche Unglückliche Platz gegriffen hatte und erhoben war, da waren auch die Anklage und Folter nicht mehr weit entfernt.

Grete Feindt wurde der Hexerei, des bösen Zaubers, ausgeführt an dem so schmählich zu Tode gekommenen Gerichtsdiener Peter Lukas Meineke, angeklagt und nach dem Berg in die Frohnerei gebracht. Der Hergang bei Hexenprozessen war immer derselbe: eine Folge der qualvollsten, unerträglichsten Martern, unter deren schrecklicher Wirkung auch der Unschuldigste endlich alles gestand, was seine grausamen Peiniger haben wollten.

So auch hier. Das schöne, bejammernswerte Mädchen bekannte unter den Folterqualen, dass es mit dem Teufel in Verbindung stehe, den es in dem Hause des Großvaters im Walde zu Lohbergen kennen gelernt habe. Er habe sich Junker Gerhard von Rehden genannt und sie zu nächtlichen Zusammenkünften am „Teufelsstein” überredet.

Grete Feindt gestand ferner, der Teufel sei ihr stets in Gestalt eines hannoverschen Reiteroffiziers erschienen und habe sie auch im Hause des Bürgermeisters nächtlicherweile besucht. Auch habe er ihr gezeigt, wie sie es zu machen habe, wenn sie zur Kurzweil Männer in sich verliebt machen wolle. Dies Mittel, das im Sprechen eines „Hexenspruches” bestanden, habe sie auch bei dem Herrn Gerichtsdiener angewandt.

Nachdem man dieses wahnsinnige Bekenntnis dem unschuldigen Mädchen abgefoltert hatte, wurde das Urteil gesprochen, das wie gewöhnlich lautete: Die Hexe sei, in ein härenes Bußgewand gekleidet, zu verbrennen.

Und so geschah es: Am 31. Juli 1661 wurde die achtzehnjährige Grete Feindt aus Lohbergen vor dem Steintor zu Hamburg als Hexe verbrannt. – Sie war dort das letzte Opfer des Hexenprozesswahns.

Die handschriftlichen Aufzeichnungen bleiben uns eine Aufklärung über die schauerliche Begebenheit nicht schuldig. Sie sind so einfach wie natürlich.

Grete Feindt trifft im Walde einen hannoverschen Reiteroffizier

Die schöne Grete hatte im Waldhause ihres Großvaters die Bekanntschaft eines jungen hannoverschen Reiteroffiziers gemacht, der in der Stadt Celle eine Zeitlang einquartiert gewesen war und den Namen Gerhard von Rheden trug oder solchen angegeben hatte. Ob der junge Offizier es ehrlich mit dem schönen, unschuldigen Waldkinde gemeint hat, davon wird nichts weiter berichtet. Das unerfahrene Mädchen mochte mit ihm wohl hinter dem Rücken des alten Forstwächters auch nächtlicherweile am „Teufelsstein” zusammengetroffen sein; die Liebe kennt ja keine Furcht, und ein Jägerkind erst recht nicht. Der Großvater mochte dann hinter die Liebschaft gekommen sein, und da der alte Mann, wohl mit Recht, ein böses Ende fürchtete, entfernte er seine Enkelin und brachte sie in Hamburg im Hause des Bürgermeisters Berthold Moller unter.

Geraume Zeit nach der Verbrennung der schönen, unschuldigen Grete wurde es dann auch in der Gegend von Seppensen und Lohbergen kund, dass die Enkelin des Waldwächters Feindt eine Hexe gewesen und zu Hamburg verbrannt worden sei. Auch dass der Teufel mit ihr in Gestalt eines jungen Reiteroffiziers Umgang gepflogen, blieb nicht geheim, und der Runenstein erhielt neben dem Namen „Teufelsstein” nun den: der Hexenstein.

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